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Schriftliche Anfrage zu häuslicher Gewalt & Partnerschaftsgewalt im Landkreis Freising

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Im November 2020 wurde die Kriminalstatistische Auswertung Partnerschaftsgewalt des Bundeskriminalamtes für das Berichtsjahr 2019 veröffentlicht. Fast an jedem dritten Tag wurde demnach eine Frau in Deutschland von ihrem (Ex-)Partner getötet. Die Corona-Pandemie hat für viele Personen die Situation verschlimmert, wir als FDP im Kreistag Freising haben deshalb eine Anfrage an Landrat Helmut Petz gestellt.

Im Jahr 219 wurden über 140.000 Menschen in Deutschland Opfer von Partnerschaftsgewalt. Die Dunkelziffer dürfte deutlich darüber liegen. 81 Prozent der Opfer sind Frauen und die Hälfte der Opfer lebt zum Tatzeitpunkt mit dem Täter in einem Haushalt. Die Opferzahl nimmt seit Jahren kontinuierlich zu, jetzt während der Corona-Pandemie dürfte sich die Lage für viele Betroffene extrem verschärft haben. 
Medienberichten zufolge ist das Frauenhaus in Freising massiv nachgefragt. Es ist wichtig den Betroffenen helfen zu können – gerade jetzt in diesen Zeiten, aber natürlich auch darüber hinaus. Mit unserer Anfrage möchten wir dieses so wichtige Thema beleuchten und mehr Erkenntnisse gewinnen, um notwendige Maßnahmen ableiten zu können.

Schriftliche Anfrage

Sehr geehrter Herr Landrat Petz,

gestern wurde die Kriminalstatistische Auswertung Partnerschaftsgewalt des Bundeskriminalamtes für das Berichtsjahr 2019 veröffentlicht.  

Als FDP im Kreistag Freising stellen wir deshalb folgende Anfrage:

  1. Liegen dem Landratsamt Daten zu Partnerschaftsgewalt im Landkreis Freising vor? 
    • Wenn ja, bitte spezifizieren: Fallzahl insgesamt, Aufteilung der Delikte, Beziehung des Opfers zur Tatverdächtigen Person, Aufteilung der Opfer nach Geschlecht und Altersklasse
  2. Welche präventiven Maßnahmen unternimmt der Landkreis Freising, um häuslicher sowie sexueller Gewalt und Partnerschaftsgewalt vorzubeugen und mit welchen Angeboten unterstützt der Landkreis Personen in einer solchen Notlage? 
  3. Wie viele Hilfeersuchen zur Unterkunft im Frauenhaus und anderen Schutzeinrichtungen mussten nach Information des Landratsamtes im Jahr 2018, 2019 und bis dato im Jahr 2020 wegen Platzmangel abgelehnt werden? Wurde bzw. wie wurde den Betroffenen anderweitig geholfen?
  4. Wie haben sich häusliche Gewalt und Partnerschaftsgewalt im Landkreis Freising nach Kenntnis des Landratsamtes seit Beginn der Covid-19-Pandemie verändert?
  5. Wie haben sich der Zulauf im Frauenhaus und anderen Schutzeinrichtungen im Landkreis Freising nach Kenntnis des Landratsamtes seit Beginn der Covid-19-Pandemie verändert?

Mit freundlichen Grüßen

Susanne Hartmann & Tobias Weiskopf

Antwort der Verwaltung

Am 14. April hat uns folgende Antwort aus dem Landratsamt erreicht:

Zu 1.: Konkrete Daten liegen dem Landratsamt Freising hierzu nicht vor. Die Mitarbeiterinnen der Fachbereiche „Bezirkssozialarbeit“ und „Trennungs- und Scheidungsberatung“ im Amt für Jugend und Familie Freising sind jedoch häufig mit derartigen Fällen befasst. Es geht dabei darum, zu prüfen, ob das Kindeswohl, z. B. durch gewalttätige Übergriffe, gefährdet wird. Weiterhin werden sowohl „Opfer“ als auch „Täter“ in Bezug auf die Auswirkungen auf das Kindeswohl beraten. 

Zu 2.:  Nach der Richtlinie für die „Förderung von Fachberatungsstellen/Notrufen und angegliederten Interventionsstellen in Bayern“ des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales vom 21.08.2019 benötigen von physischer, psychischer und/oder sexualisierter Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder sowie von sexualisierter Gewalt betroffene Kinder und Jugendliche ein ambulantes Beratungsangebot, das die erlebte Gewaltsituation auffängt und umfassende Hilfe gewährt. Die Fachberatungsstellen/Notrufe leisten eine psychosoziale Beratung, informieren über die erforderlichen ärztlichen Untersuchungen, den Ablauf des 

Strafverfahrens und die Möglichkeiten einer anwaltlichen Hilfe. Auf Wunsch begleiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachberatungsstelle/Notrufe die Frau, das Kind beziehungsweise die Jugendliche oder den Jugendlichen zur Polizei, zur ärztlichen Untersuchung oder zu anwaltlicher Beratung. 

Um diese umfassenden Aufgaben wahrzunehmen, hat das Diakonische Werk Freising e. V. unter dem Stichwort „HilDa – Hilfe ist da“ eine „Fachberatungsstelle bei häuslicher und sexualisierter Gewalt/Frauennotruf“ eingerichtet. 

Beginnend ab dem 01.01.2020 erhielt die „Fachberatungsstelle bei häuslicher und sexualisierter Gewalt mit angeschlossener Interventionsstelle“ einen Zuschuss des Landkreises Freising in Höhe von zunächst 89.940 €. Dieser Betrag enthielt einmalige Anschaffungskosten in Höhe von 7.700 €, wodurch sich der Zuschuss des Landkreises Freising ab dem Jahr 2021 auf ca. 83.000 € reduziert. 

Neben einer intensiven Zusammenarbeit mit dem Projekt „HilDa“ besteht zwischen dem Amt für Jugend und Familie Freising und den Polizeidienststellen eine enge Kooperation. Innerhalb des Amtes für Jugend und Familie Freising sind Mitarbeiterinnen tätig, die spezielle Weiterbildungen zum Thema „Umgang mit sexualisierter Gewalt“ haben. Daneben schulen die Mitarbeiterinnen auch Jugendverbände im Umgang mit sexualisierter Gewalt in Vereinen. 

Im Landkreis Freising existieren außerdem Arbeitskreise, die diese Themen behandeln (Arbeitskreis „Häusliche Gewalt“ bzw. Arbeitskreis „Jugendhilfe-Frauenhaus“). Auch in der „Arbeitsgemeinschaft Jugendhilfe/Familiengericht“ ist die häusliche Gewalt ein zentrales Thema. 

Geplant ist zudem die Einführung einer Beratungsstelle für Täterarbeit. Aktuell vermittelt das Amt für Jugend und Familie Freising die Täter nach München zum „Münchner Informations- zentrum für Männer (MIM)“. In der Jugendhilfe werden zudem Hilfen zur Erziehung auch bei Konflikten in der Familie vermittelt und zum Thema „Trennung und Scheidung“ werden Beratungen durchgeführt. 

Zu 3.:

Seitens der Diakonie Freising e. V. wurden dem Landratsamt Freising hierzu folgende Daten geliefert: 

  • im Jahr 2018: 16 Frauen wurden aufgenommen, 135 Anfragen 
  • im Jahr 2019: 12 Frauen wurden aufgenommen, 165 Anfragen 
  • im Jahr 2020: 9 Frauen wurden aufgenommen, ca. 150 Anfragen (Stand 11/2020) 

Abgelehnte Anfragen werden an andere Frauenhäuser verwiesen.

Zu 4.: Nach Rückmeldung der Diakonie Freising e. V. gab es im Frauenhaus relativ wenig Veränderungen hinsichtlich der Anfragen. Festzustellen ist allerdings, dass sich zu Zeiten des „Lockdowns“ die Anfragen verringert haben und nur noch „Extremfälle“ in der Regel über andere Beratungsstellen Zugang gefunden haben. Erklärt wird das mit der häufigen Anwesenheit des Partners und den damit verbundenen Kontrollmöglichkeiten. Nach der Lockerung der Coronamaßnahmen stiegen die Anfragen wieder an. 

Zu Beginn der Coronamaßnahmen im März 2020 sind die Anfragen in der Beratungsstelle „HilDa“ deutlich zurückgegangen. Zu erklären ist dieses Phänomen damit, dass Familien auf engem Raum lebten und sich für die Betroffenen keine Möglichkeit bot, Hilfe zu holen bzw. zu 

telefonieren oder Beratungen in Anspruch zu nehmen. Erst mit den Lockerungen im Mai 2020 konnte die Beratungsstelle einen Anstieg der Fälle verzeichnen. 

Veränderungen der häuslichen Gewalt sind damit erklärbar, dass aufgrund der angespannten Situation der Familien (Jobverlust, Existenznot, finanzielle Sorgen, drohender Wohnungsverlust) die psychische Belastung gestiegen ist. Viele Betroffene berichten von der Zunahme an Gewalt aufgrund der genannten Sorgen; psychische Belastungen führen auch zu physischer Gewalt. 

In der sozialen Beratungsstelle sind ca. 20 Familien mit verstärkter Konfliktproblematik in der Familie angenommen worden. Ein schleichender Übergang zum Thema „häusliche Gewalt“ war hier zu verzeichnen, allerdings waren die Partner um Klärung innerhalb der Familie bemüht. Auch die Flüchtlings- und Integrationsberatung hat eine verstärkte Tendenz zu häuslicher Gewalt verzeichnet. 

 Zu 5.: Die Diakonie Freising e. V. als Träger des Frauenhauses teilte mit, dass in der ersten Lockdownphase ab März 2020 noch keine Veränderung beim Zulauf, weder im Frauenhaus noch in der Beratungsstelle, verbucht werden konnten. Erst mit den Lockerungen im Mai 2020 stiegen die Anfragen. Seit Ende des Sommers 2020 sind die Zahlen nochmals deutlich gestiegen. 

Hilfe in Notsituationen

Häusliche Gewalt gegen Frauen:

08000 / 116 016

Häusliche Gewalt gegen Männer:

0800 / 123 99 00

Hilfe bei sexualisierter Gewalt:

0800 / 22 55 530

„Nummer gegen Kummer“ (für Kinder und Jugendliche):

116 111

Hilfe für Opfer von Straftaten:

116 006

Telefon-Seelsorge:

0800 / 111 0 111 oder 0800 / 111 0 222

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