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Selbstkritik und Verantwortung: Was wir aus dem Ende der Ampel-Koalition lernen müssen

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Das Ende der Ampel-Koalition markiert einen Wendepunkt für Deutschland und für uns als FDP. Es ist eine Konsequenz, die aus den unüberbrückbaren Differenzen zwischen den Partnern folgt. Doch trotz der berechtigten Kritik an Grünen und SPD dürfen wir nicht davor zurückschrecken, auch unsere eigenen Fehler zu erkennen. Denn politische Verantwortung bedeutet nicht nur, die Missstände der anderen anzuprangern, sondern auch, sich die eigenen Fehler einzugestehen und daraus zu lernen.

Die politische Verantwortung und der Weg zu Neuwahlen

Das Ende der Ampel war unausweichlich. Die Koalition war schon lange nicht mehr in der Lage, die Herausforderungen des Landes zu bewältigen. Die lähmende Uneinigkeit haben dazu geführt, dass die Regierung an sich selbst scheiterte. Christian Lindner hat mit seinem Vorschlag, die Koalition geordnet zu verlassen und Neuwahlen anzustreben, staatsmännische Verantwortung bewiesen. Leider hat der Kanzler diesen Vorschlag ausgeschlagen und Deutschland damit ins Regierungschaos gestürzt. Das bedauere ich sehr. Trotz allem ist das Ende der Ampel-Koalition in erster Linie eine Chance, um Deutschland aus dieser politischen Blockade zu befreien und eine neue Richtung einzuschlagen.

Uns allen war klar, dass das Ampel-Aus ungemütlich werden und ein Wahlkampf mit heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Parteien beginnen würde. Dass innerhalb der FDP-Parteizentrale rechtzeitig alle möglichen Szenarien für das Ende der Ampel-Koalition sorgfältig geprüft wurden, halte ich für eine notwendige und verantwortungsvolle Vorbereitung. Es liegt in der Natur jeder politischen Partei, frühzeitig verschiedene Optionen zu durchdenken und entsprechende Vorbereitungen zu treffen – eine Praxis, die keineswegs ungewöhnlich ist und auch von den anderen politischen Akteuren genutzt wurde. Dabei ist für mich jedoch nicht entscheidend, welche Optionen intern diskutiert wurden, sondern welchen Weg die Beteiligten letztlich gewählt haben.

Und in einer schwierigen Lage, geprägt von der Ausweglosigkeit beim Haushalt, hat Christian Lindner einen konstruktiven und staatspolitisch verantwortungsvollen Vorschlag für einen geordneten Übergang zu Neuwahlen unterbreitet – gemeinsam in der Koalition. Diesen Weg hat Olaf Scholz bedauerlicherweise abgelehnt und das Ampel-Ende mit der Entlassung des Finanzministers eingeleitet. Das sogenannte „D-Day-Papier“ war in diesem Prozess lediglich Teil interner Vorüberlegungen und wurde offensichtlich verworfen – dennoch halte ich es in dieser Form und insbesondere den Umgang der Parteispitze damit für einen schweren Fehler.

Das „D-Day“-Papier: Mehr als nur eine unglückliche Wortwahl

Dem D-Day-Papiers fehlt sprachlich die nötige Sensibilität und Seriosität, die der aktuellen politischen Situation gerecht würden, und inhaltlich der konstruktive Lösungsansatz. Der Ton dieses Dokuments entspricht nicht dem von mir gepflegten politischen Stil.

Dennoch halte ich Begriffe wie „D-Day“ – als Synonym für einen Stichtag oder englisch für „Tag X“ – sowie „offene Feldschlacht“ im Rahmen des derzeitigen politischen Diskurses nicht für so skandalös, wie sie in sozialen Netzwerken und Medien dargestellt werden. Die politische Sprache war schon immer von kraftvollen, teils militärischen Metaphern geprägt. Auch der Bundeskanzler greift auf Begriffe wie „Bazooka“ oder „Doppel-Wumms“ zurück, die eindeutig aus martialischer Rhetorik stammen und sprach davon, „etwas in Angriff zu nehmen“, um „für alle Fälle gerüstet zu sein“. Vor diesem Hintergrund wirkt die insbesondere von Sozialdemokraten geäußerte Kritik an der Formulierung „offene Feldschlacht“ als überzogen und wenig überzeugend. Persönlich hätte ich jedoch eine andere Wortwahl gewählt und als Ausrichtung aller internen Strategiepapiere einen konstruktiven Duktus ausgegeben.

Ein Versäumnis der Parteiführung

Was mich jedoch tief enttäuscht hat, ist der Umgang der Parteiführung mit diesem Papier. Es bedarf schon einer beachtlichen Chuzpe, sich nach der Veröffentlichung des Papiers der eigenen Verantwortung zu entziehen. Die Schuld auf die Mitarbeiter abzuwälzen und zu behaupten, man habe keinerlei Kenntnis davon gehabt, lässt nur zwei Schlüsse zu: Entweder handelt es sich um bewusste Täuschung, oder es zeugt von erschreckender Unkenntnis über die Vorgänge in der eigenen Parteizentrale. Beides schadet nicht nur der Glaubwürdigkeit der Parteiführung, sondern auch dem Vertrauen der Bevölkerung in die FDP.

Um das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen, erwarte ich von der Parteispitze mehr Demut und einen offenen Umgang mit den eigenen Fehlern. Verantwortung zu übernehmen bedeutet für mich nicht den Rücktritt, sondern die Bereitschaft, mit Selbstkritik die Krise aufzuarbeiten und dabei ehrlich zu sich selbst, der Partei und der Öffentlichkeit zu sein.

Aller Anfang ist jetzt: Aus Fehlern lernen

Ich begrüße es sehr, dass mit Marco Buschmann ein erfahrener und besonnener Kopf die Position des Generalsekretärs übernimmt. Mit seinem analytischen Scharfsinn, seiner strategischen Klugheit und seinem präzisen, klaren liberalen Kompass bringt er wichtige Fähigkeiten mit, die an dieser Stelle bislang gefehlt haben.

Die wichtigste Lehre für uns als FDP ist, dass Verantwortung nicht nur bedeutet, die Fehler der anderen zu benennen, sondern auch die eigenen zu erkennen und daran zu arbeiten. Wir müssen intern unsere Abläufe verbessern und dafür sorgen, dass unsere Kommunikation klar und respektvoll ist. Ebenso müssen wir uns stärker auf die Werte besinnen, die uns als Partei auszeichnen. Nur so können wir das Vertrauen der Wähler zurückgewinnen und den Weg zurück zu alter Stärke finden.

Neuwahlen als Richtungsentscheidung

Trotz der Fehler, die intern und in der Kommunikation gemacht wurden, ist die Entscheidung der FDP, den Kurs von Olaf Scholz nicht mehr mitzutragen, die richtige. Der Ampel-Koalition hat es an gemeinsamen Lösungsansätzen für die drängenden Herausforderungen unserer Zeit gefehlt. Die politischen Differenzen zwischen den drei Parteien waren in entscheidenden Fragen zu groß. Zu viele Unterschiede sollten mit Steuergeld überwunden werden.

Angesichts der immensen Schuldenlast aus der Corona-Pandemie und des Sondervermögens für die Bundeswehr – im Übrigen einer von der FDP einstimmig getragenen Ausnahme der Schuldenbremse zur Reaktion auf den russischen Angriffskrieg – ist es unumgänglich, wieder zur finanzpolitischen Solidität zurückzukehren. Die Regierung muss Prioritäten setzen: Nicht alles, was wünschenswert ist, ist auch leistbar. Neue Schulden belasten kommende Generationen, die durch den Klimawandel und das unausgewogene Rentensystem ohnehin schon stark gefordert sind, und schränken deren Handlungsspielräume zusätzlich ein. Es war daher richtig und notwendig, dass die FDP an der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse festgehalten hat.

Nun können die Wählerinnen und Wähler eine Richtungsentscheidung treffen: Immer mehr neue Schulden oder stabile Staatsfinanzen, ein marodes Rentensystem oder eine gesetzliche Aktienrente nach schwedischem Vorbild, Deutschland als „kranker Mann Europas“ oder eine echte Wirtschaftswende.

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