In den letzten Wochen habe ich mich weniger zu politischen Themen geäußert als sonst. Einige haben das bemerkt und nachgefragt. Der Grund? Ich war unzufrieden, oft enttäuscht von meiner Partei. Ich habe mich über Fehler geärgert und war von Äußerungen und der Schwerpunktsetzung der Parteispitze irritiert. Doch anstatt öffentlich dagegenzuhalten, habe ich intern für eine selbstbewusste, liberale Positionierung geworben – weil ich hinter unserem Wahlprogramm stehe. Ich habe meine Kritik zurückgestellt und bis zuletzt für den Wiedereinzug der FDP gekämpft. Dass uns dies nicht gelungen ist, macht mich tief traurig. Die Stimme des Liberalismus wird im 21. Deutschen Bundestag bitterlich fehlen – in einem Parlament, das von erschreckend starken politischen Rändern mit einer Sperrminorität geprägt sein wird.

Der Absturz der FDP kommt jedoch nicht überraschend. In den letzten Monaten offenbarte sich eine fatale Orientierungslosigkeit mit strategischen Fehlentscheidungen und teils unseriösem Verhalten der Parteiführung. Aus sämtlichen internen Gremien – ob Bundesvorstand, Fraktionssitzung oder F-Kabinett, dem engsten Führungszirkel – wurden vertrauliche Informationen, Screenshots und Dokumente durchgestochen. Interne Strategiepapiere, so dilettantisch sie auch gewesen sein mögen, wurden zunächst geleugnet und später schmallippig als „Praktikantenpapierchen“ abgetan. Wer schon das Vertrauen der eigenen Parteibasis derart strapaziert, darf sich über schwindende Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung nicht wundern. Meine Ansprüche an Integrität und staatspolitische Verantwortung sehen anders aus.
Auch inhaltlich konnte ich keine klare liberale Linie mehr erkennen. Unser Auftreten und unser Programm haben sich zunehmend widersprochen. Noch während der Koalition haben einige FDP-Abgeordnete liberale Verhandlungserfolge in Frage gestellt sowie lange im Wahlprogramm geforderte und in der Ampel beschlossene Gesetze in der Presse attackiert. Im Zuge der Migrationsabstimmungen wurden interne Skeptiker diffamiert und die Partei gespalten – wohlwissend, dass weder ein Entschließungsbeschluss mit den fünf Punkten von Merz noch die Reform des Familiennachzugs irgendeine akute Verbesserung für die innere Sicherheit gebracht hätten.
Und mit Milei und Musk als Symbol für Reformbereitschaft und Unternehmergeist überzeugt man vielleicht ein paar Libertäre auf X – gewiss aber nicht die pflichtbewussten Akademiker, optimistischen Weltbürger, aufstrebenden Fachkräfte und traditionellen Selbstständigen. Jene Zielgruppen, die der FDP in der Vergangenheit beachtliche Wahlerfolge einbrachten und eigentlich immer noch zur Zielgruppe zählen.
Besonders vermisst habe ich in diesem Wahlkampf Themen mit einem Alleinstellungsmerkmal der FDP. Inhalte, die uns 2017 und 2021 erfolgreich gemacht haben: Bürgerrechte, Digitalisierung, Bildung. Selbst die Aktienrente, die angesichts der demografischen Entwicklung das Zukunftsthema ist, verschwand hinter Migrationsdebatten und Attacken auf Robert Habeck. Dass eine Wirtschaftswende mit den Grünen schwierig werden würde, hätten die Wähler durchaus auch so erkannt – wenn die FDP als Partei mit zugeschriebener Wirtschaftskompetenz Wirtschaftspolitik auch mit höchster Priorität in den letzten Wahlkampfwochen behandelt hätte. Stattdessen schloss man mit den Grünen den Ex-Koalitionspartner aus, der wie die FDP für eine konsequente Unterstützung der Ukraine kämpft und Taurus liefern will. Gleichzeitig liebäugelte man mit einer Deutschland-Koalition mit der SPD, die mit Panikmache über eine angebliche Kriegsbeteiligung Deutschlands und Unterstützung der Ukraine auf Kosten der deutschen Rentner Wahlkampf macht.
Bei den Erstwählern sind wir regelrecht abgestürzt, von 23 auf 6 Prozent. Bei den Jungwählern stehen statt FDP und Grünen nun die Linken, gefolgt von der AfD, ganz oben. Ein sehr bitterer Tag – gerade als junger Liberaler. Nach dieser Wahlniederlage – dem schlechtesten Gesamtergebnis in der Geschichte der Partei – müssen wir viel aufarbeiten. Zeit für einen Neuanfang.